Kapelle „Mariä Heimsuchung“

Äußeres Erscheinungsbild

Bei der Nieder Kostenzer Kapelle handelt es sich um eine schlichte Barock-Kapelle. Sie befindet sich inmitten des Friedhofs zwischen einem herrlichen alten Baumbestand.
Die Kapelle besteht aus einem nach Osten gerichteten Bruchsteinbau, mit quadratischer Portalvorhalle versehen mit Walmdach vor dem Eingang an der Westseite, an der östlichen Seite dreiseitig geschossen.
Beim Dach handelt es sich um ein Satteldach; es hat im Westen einen sechseckigen Dachreiter mit geschweiftem Knickhelm auf dem sich Kreuz und Hahn befinden. Die Tür ist aus profilierten Brettern gefertigt, die rautenförmig gefügt und mit Holznagelbeschlag versehen sind.

Der Innenraum der Kapelle misst etwa 10 x 5 m und ist auf der Westseite mit einer Holzempore ausgestattet. Die Empore ruht auf einem Unterzug der sich auf kantigen Holzsäulen mit Profilen (Kopfbändern) stützt.
Die Brüstung ist geschossen und mit Leistenfeldern versehen. Der Unterzug und das Abschlussgesims sind profiliert.
Im Jahr 1942 ist die vorhandene Glocke dem Krieg zum Opfer gefallen.
Die nach dem Krieg angeschaffte neue Glocke trägt ein Bild der Mutter Gottes mit dem Kinde und die Aufschrift “Sancta Maria ora pro nobis!“ (Heilige Maria bitte für uns). Sie wurde am 18. Januar 1948 benediciert (gesegnet).

Baujahr

Die Besonderheit unserer Kapelle besteht zunächst einmal darin, dass ihr Alter im Gegensatz zu vielen anderen historischen Bauten eindeutig feststeht, die Urkunde über die Grundsteinlegung am 21. Juni 1762 liegt noch vor.
Die Jahreszahl ist in Ziffern nicht enthalten.

Allerdings befindet sich am Ende der Urkunde, wie seit dem Spätmittelalter bei Bau- und Kunstwerken üblich, ein Sinnspruch, in dem die jeweilige Jahreszahl durch Hervorheben von Buchstaben -entsprechend dem römischen Zahlensystem (I=1, V=5, X=10, L=50, C=100, D=500, M=1000)- genannt wird. Die jeweilige Jahreszahl ergibt sich aus der Addition der Zahlbuchstaben.
Bei der vorliegenden Urkunde ergibt sich aus dem Chronogramm die Jahreszahl 1762 aus

12xI = 12x1 = 12
4xV = 4x5 = 20
3xW = 6x5 = 30 (W entspricht V+V)
4xL = 4x50 = 200
3xD = 3x500 = 1500
      = 1762.

 

Konfession, Pfarreinzugehörigkeit und Patronat

Nieder Kostenz war nie Sitz einer eigenen Pfarrei sondern gehörte überwiegend zur Pfarrei Kirchberg.
Die Pfarrei Kirchberg wiederum gehörte bis 1802 zum Erzbistum Mainz, danach bis 1824 zum Bistum Aachen und ab 1824 zum Bistum Trier.
Bereits in der Pfarrbeschreibung des Amtes Kirchberg von 1408 wird als Teil des Pfarrbezirks Kirchberg der Kapellenbezirk Nieder Kostenz bestehend aus Nieder Kostenz, Hecken, Dillendorf und Schwarzen erwähnt.

Im Jahr 1557 wurde in der ganzen Pfarrei Kirchberg –also auch in Nieder Kostenz- die Reformation eingeführt, später von 1625 bis 1631 war unter dem Schutze der Spanier in Kirchberg auch wieder katholischer Gottesdienst möglich. 1652 war zunächst in einer Kirchberger Hauskapelle durch einen fremden Priester die heilige Messe möglich, ab 1688 in der simultan genutzten Pfarrkirche.
Die Seelsorge übten von 1688 bis 1758 die Karmeliten, anschließend von 1758 bis 1798 die Piaristen, danach Weltgeistliche aus.
Lediglich in der Zeit ab 1808 gehörte Nieder Kostenz neben Ober Kostenz, Heinzenbach und Kludenbach zur Pfarrei Reckershausen. Diese Pfarrei wurde jedoch bereits am 19. Juni 1813 wieder aufgehoben und die Orte (außer Kludenbach) erneut der Pfarrei Kirchberg zugeteilt. An dieser Zuordnung hat sich für Nieder Kostenz bis heute nichts mehr geändert.
Die Kapelle „Mariä Heimsuchung“ war also immer eine Filialkapelle. Allerdings wurde mit Erklärung vom 06. 09. 1940 durch das bischöfliche Generalvikariat die Genehmigung erteilt, in der Kapelle die Kinder dieser Filiale zu taufen. Die Taufgenehmigung wurde jedoch später wieder zurückgenommen.

Die Kapelle ist zur besonderen Verehrung Mariens dem Titel „Mariä Heimsuchung“ geweiht. Das Patronatsfest wird am 1. Sonntag nach dem Fest Mariä Heimsuchung (2. Juli) gefeiert. (Der Termin der Kirmes -1. Sonntag im Juli- ist daher nicht in jedem Jahr passend).

Baugeschichte

Die Kapelle ist wohl von den Eheleuten Johann Michael Klemm und Margarete Elisabeth Klemm gestiftet bzw. zumindest unter deren wesentlicher Mitwirkung errichtet worden. Johann Michael Klemm *1705, +16.04.1780, wird im Familienbuch der kath. Pfarrei Kirchberg als „Errichter der Kirche“ bezeichnet.

Von den Erneuerungen und Renovierungen der Kapelle bis zu Beginn des 20. Jh. liegen kaum Erkenntnisse vor, sie erhielt jedoch mehrmals teils sehr aufwendige Innenanstriche, wie sich bei den Restaurierungsarbeiten 1993 ergeben hat.

Die bekannten Renovierungsmaßnahmen waren im Wesentlichen:

  • 1913 die Erneuerung der Fester durch bleigefasste Kathedralglasscheibchen mit einem Jugendstilornament-Rahmenband
  • 1931 neuer Anstrich
  • 1948 neue Glocke
  • 1955/1956 Erneuerung der Dacheindeckung
  • 1958/1958 Entfernung eines Fensters an der Nordwand und Anbau der Sakristei
  • 1965 Erneuerung des Altars und des Fußbodens -allerdings völlig unpassend- mit Kunststein einschließlich Umgestaltung des Innenraums mit neuem Gestühl aus schwarz lackierten Holzbänken sowie Anbringen der Kreuzigungsgruppe
  • 1987 Erneuerung der Portalvorhalle
  • 1993 Entfernen des Kunststeinbodenbelags und –altars und Freilegung des historischen Schieferbodenbelags mit Grabplatten des Stifterehepaares; Erneuerung und Restaurierung des aufgemalten Netzgewölbes und des Wappens der Markgrafen von Baden; Aufstellen des Altares
  • 2001 Erneuerung des Dachkreuzes und des Wetterhahns

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